Nur zehn Tage hatte das Ensemble des Berliner Theaters an der Parkaue Zeit, um den dramatischen Text von Carsten Brandau für das dritte "Boxenstopp"-Festival in Szene zu setzen. Das Festival
versteht sich als Labor und Forum für Dramatiker und ihre noch in der Entwicklung befindlichen Werke. Drei Stücke wurden in Leipzig am Publikum "getestet" und von Fachleuten besprochen. Dadurch
erhielten die Autoren die Möglichkeit, Anregungen des Theater- und Fachpublikums mit in den Stücktext aufzunehmen. Die dreitätige Werkstatt wird vom TdjW in Kooperation mit der ASSITEJ
Deutschland, der internationalen Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche, und dem deutschen Kinder- und Jugendtheaterzentrum veranstaltet. Noch bis Freitagnachmittag soll in dem
Theater am Lindenauer Markt in verschiedenen Podien darüber diskutiert werden, was ein gutes Kinder- und Jugendtheaterstück ausmacht. Das Festival solle Autoren stimulieren, qualitative Stücke zu
schreiben, sagt der TdjW-Intendant Jürgen Zielinski. Zudem kämen dabei Macher und Institutionen ins Gespräch. Zielinski weiß, was für ihn hochwertige Gegenwartsdramatik für Kinder und Jugendliche
ausmacht: "anspruchsvolle Themen, eine Tiefe, ein gewisser Umgang mit Sprache, Rhythmus und - ein bisschen Hoffnung". Das Carsten Brandau, der hauptsächlich Stücke für Erwachsene schreibt, dies
beherrscht, bewies die Erprobung seines Textes auf der Bühne. Das eng geschnürte, komplexe Sprachkorsett von "Dreier steht Kopf", das durch Wiederholungen und Sprachspielereien lebendig wird,
eignete sich sichtbar für eine sehr körperliche Arbeit.
Der in diesem Jahr entstandene Text handelt von Einer und Zweier, die sich ihren Platz in der Welt von der "natürlichen" Reihenfolge der Zahlen ableiten. Diese Ordnung - "Einer muss immer der
Erste sein" - gerät durcheinander, als ein gewisser Dreier dazustößt. Der ist nicht gewillt, sich hinter den Zweier einzureihen. "Ein Albtraum", wie der Einer es formuliert.
Die Inszenierung von Franziska Ritter, gespielt von Schauspielern des Theaters an der Parkaue, kann als eine hintersinnige, clowneske Choreographie bezeichnet werden. Die Reaktionen der Kinder
waren überwiegend positiv. Im anschließenden Publikumsgespräch wurden vor allem die Slapstick- Einlagen der drei Darsteller gewürdigt: "Regenwurm essen" und "auf den Po klatschen" standen hoch im
Kurs. Der 42-jährige Brandau, der auf dem Podium zuhörte, war begeistert von den Reaktionen der Kinder: "Wie unverblümt die Aussagen waren, das fand ich toll." Eins ist dem zweifachen Vater nach
den Rückmeldungen schon jetzt klar: "Ich muss noch kürzen."
Aller guten Dinge sind drei. Oder ist drei eines zu viel? Oder einer? Darüber war sich das Publikum am Donnerstag im Leipziger Theater der jungen Welt (TdjW) uneins. Dort wurde das Stück für
Kinder ab fünf Jahre "Dreier steht Kopf" zum ersten Mal in einer Werkstattinszenierung gezeigt.
Mitteldeutsche Zeitung
Maria Böhme