Aschenputtel lebt nicht mehr im Glück

Am Ende jedes klassischen Märchens steht derselbe Satz: Und sie lebten glücklich bis an ihr End. Bei Aschenputtel sieht das nicht anders aus- sie heiratet, wird Königin und dann ist Schluss. Ist glück aber konservierbar? Eher geht wohl das ganz normale Leben weiter. Der belgische Theatermacher Marcel Cremer hat aus der Frage nach dem Danach ein Theaterstück für Kinder und Erwachsene gemacht, in deren Mittelpunkt der Sohn Aschenputtels steht.
Am Dienstagnachmittag hatte das Schauspiel mit dem Titel "Der kleine rote Prinz" in der Regie von Franziska Ritter im Thalia am Markt Premiere. Ziemlich desillusionierend kommt die Fortsetzung des Grimmschen Märchens daher. Nur ein Schattenspiel zu Beginn erinnert an die glücklich endende Vorgeschichte. Der Rest ist Kontrastprogramm. Das gesamte Bühnenbild erstrahlt in Weiß- das Leben ist aus dem Leben gewichen.
Das Leben des Prinzen mit den knallroten Haaren (Christian Sengewald) sitzt ebenso farblos inmitten des Weiß: die unbewegliche Mutter, einstmals Aschenputtel, mit strengem Gesicht (Franziska Kleinert) und die beiden bösen Stiefschwestern mit verbundenen Füßen und ausgehackten Augen (Katharina Hauck und Sofie Maruschka Hüsler). Schnell wird das Publikum damit vertraut gemacht, dass das reale und bisweilen hässliche Leben nach dem Abklingen des Happy End Einzug gehalten hat. Die Liebe ist erkaltet, die Mutter ist nicht mehr die ideale Frau, der Vater, einst schöner Prinz, hat sich aus dem Staub gemacht. Die einstige Lebensfreude ist dahin.
Obwohl das entworfene Familienbild wie aus dem Leben gegriffen wirkt, ist durch die Überzeichnung der Lebenswelt und der Charaktere klar, dass es sich um ein Gedankenspiel handelt. Aus dem es jedoch einen Ausweg geben könnte, zumindest eine Wendung zum Anderen- einer Katastrophe ausweichend. Zum Schluss zumindest ist die Bühne farbig: Überall ist Rot, Blau, Grün und Gelb. So ambivalent wie die Farbsymbolik ist die gesamte Produktion.
reude und Schmerz, Lachen und Leid stehen dicht beieinander, ohne dass eine der Gefühlsregungen überwiegt. Es ist kein einfaches Stück, aber ein hervorragend inszeniertes und gespieltes, das sich Groß und Klein getrost wieder und wieder ansehen können.

Mitteldeutsche Zeitung
Manuela Bank