Face im Trailer

"Creeps" am Thalia Up to You, in Halle rotieren die Mädels im Kleinen Thalia. Franziska Ritter hat das Warm-up der Kandidatinnen mit Rhythmus und feinem Gespür in Szene gesetzt. Andrea Ummenberger ist die sportliche Chemnitzer Petra und nachvollziehbar einfühlsam. Sofie Maruschka Hüssler kämpft mit grünen Idealen und der Mutter sehr real. Recht abgeklärt kommt Katharine Hauck als Tochter eines großen Namens daher. Besonders eklig ist des Arnos Stimme aus dem Off (Enrico Petters), er lässt die Puppen gnadenlos tanzen und ist sowas von fies...Das alles fesselt uns Betrachter und ist nicht nur als Deutschstunde außerhalb der Pflichtlektüre zu empfehlen.

onlineZeitung
Henner Kotte


Drei Mädchen allein suchen ihr Glück

"Creeps", das im Kleinen Thalia gespielt wird, ist durchaus ein starkes Stück, der Besuch kann Eltern in Begleitung ihrer Kinder bestimmt nicht schaden. Allerdings besteht das erhöhte Risiko, dass man sich hernach miteinander unterhalten muss.

Dafür gibt es drei Gründe. Zunächst den Kunstgriff der eingangs gezeigten Video-Folge mit "echten" Jugendlichen: Warum ich ins Fernsehen muss! Dann folgt das eigentliche Spiel, von Regisseurin Franziska Ritter plastisch gearbeitet. Hier wird die schöne neue Glitzer-Welt der TV-Shows als zynische Inszenierung kenntlich. Nichts als "Power, Präsenz und Personality" soll man brauchen, um den Sprung in die angesagte Sendung zu schaffen? Das halbenglische Kauderwelsch der Branche wird zu lernen, die Hürde des Vorturnens beim Casting zu überspringen sein!

Und gesprungen, pardon getanzt, wird denn auch reichlich viel im "Creeps"-Studio, das als eine Mischung aus Wartezimmer und Hüpfburg in schöner Beiläufigkeit das Billige enthüllt (Ausstattung: Toto). Angefeuert und zunehmend angewidert vom öligen Regisseur aus dem Off (Enrico Petters als Kotzbrocken erster Güte), kommen die drei jungen Frauen allmählich zu ihrer wirklichen Statur. Das ist die stärkste, die berührendste und leider ein wenig zu kurz gehaltene Seite des Spiels. Natürlich wollen sie den Job, alle drei. Also spielen sie mit, bis zur erwarteten Eskalation. Hier gibt es für keines der Mädchen einen Hauptgewinn. Wo aber sonst? Dort, beim langweiligen Lover im Neubau-Block, bei der Über-Mutter, beim scheckschwenkenden Papa ist das Leben nicht. Das ist die Welt ohne Träume, aus der sie einmal fliehen wollten.

Jenseits großer Emotionen, des Schreiens, der Prügelei, sind alle, namentlich die praktische Petra aus "Ka-Emm-Stadt" Chemnitz, aber auch die rührende Schulversagerin Maren und die gar nicht so zickige Wohlstandgöre Lilly für kostbare Momente ganz bei sich.

Mitteldeutsche Zeitung
Andreas Montag